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03.12.2015

Neue App macht Telefonklang im Radio entbehrlich

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Das Telefoninterview im Radio ist eine leider häufig gehörte Notlösung: Ja, es lässt sich unschlagbar schnell, einfach und bequem realisieren. Doch im Breitband-Zeitalter hat gutes Radio einen besseren Klang verdient… Das Deutschlandradio Lab hat daher eine Android-App entwickelt, die das Dilemma, Interview-O-Töne schnell und dennoch in guter Tonqualität zu senden, in vielen Fällen löst:

Die App „dradiointerview“ zeichnet mit jedem Android-Smartphone Radiointerviews in sehr guter Tonqualität auf – auch ohne Hörfunkstudio. Die App nimmt dazu die Stimme eines Interview-Partners während eines normalen Telefonates direkt am Mikrofon des Interviewten in optimaler Qualität auf. Eine Internet-Verbindung vorausgesetzt, steht die Aufnahme kurz nach dem Gespräch Radiojournalisten zur weiteren Bearbeitung weltweit als Web-Download zur Verfügung.

Innovative Lösung für ein altes Radio-Dilemma

Neue App sorgt für guten Interview-Klang

Neue App sorgt für guten Interview-Klang

Die neue Interview-App löst damit ein grundsätzliches Problem, mit dem alle Hörfunksender konfrontiert sind: Interviews mit ganz normalen Gesprächspartnern in sehr guter Tonqualität aufzuzeichnen, die irgendwo in der Welt unterwegs sind – jedoch nicht über das Know-how von Radioprofis verfügen. Dabei experimentieren diese mit Smartphone-Apps in der Hörfunkproduktion durchaus schon: Allerdings müssen die Produktions-Apps der Profis vor der ersten Verwendung für das jeweilige Smartphone konfiguriert werden – etwa mit Zugangscodes und Serveradressen. Das schließt ihren Einsatz durch Radio-Laien – und damit den größten Teil unserer Gespärchspartner – aus.

Unser Prototyp löst dieses Problem:

dradiointerview ist leicht zu installieren, die App erfordert keinerlei Konfiguration durch den Nutzer und sie stellt sicher, dass das Interview-Audio anschließend schnell und weltweit zur Verfügung steht. So hat diese App das Potential, alle Telefoninterviews überflüssig machen, die nicht unbedingt live gesendet werden müssen.

Viele technische Hürden überwunden

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Die App „dradiointerview“ im Überblick

Die Entscheidung, einen Prototypen zunächst für das Betriebssystem von Google zu entwickeln, lag maßgeblich an dem hohen Android-Marktanteil von mehr als 80 Prozent und der damit verbundenen Verbreitung der Geräte. Tests mit unterschiedlichen Android-Handys zeigten jedoch, dass deren Aufnahmequalität ab Werk keineswegs optimal ist. Stimm-Aufnahmen mit Android-Standard-Einstellungen klingen vielfach dünn und fast blechern, u.a. weil Hersteller die Mikrofoneinstellungen schon bei der Aufnahme auf die akustisch geringen Telefonanforderungen reduzieren.

Was mit dradiointerview nun kinderleicht gute Ergebnisse liefert, erforderte in der Entwicklung viel Expertise. Etwa eine neue Audio-Engine.

dradiointerview nutzt eine für Android neu entwickelte Audio-Software, die den optimalen Sound aus den jeweils eingebauten Mikrofonen herausholt. Psychoakustische Algorithmen kompensieren schon während  der Aufnahme in Echtzeit Schwächen wie etwa übertriebene Höhenanhebung, unterschiedlich laute Mikrofone und fehlende Bässe.

Hörbarer Unterschied

Den Klangunterschied einer Sprachaufnahme mit Android Standardeinstellungen, bei der die Klangoptimierung von Pfitzinger Voice Design zugeschaltet wird, macht dieses Beispiel deutlich.

 

 

dradiointerview UploadMittlerweile hat sich dradiointerview in einem mehrmonatigen Praxistest vielfach bewährt.

Deutschlandweit wurden mit der App Interviews aufgezeichnet, aber auch in Israel, dem Iran, in Westafrika und auf den Philippinen. Auf einer Insel des letzteren Landes erreichten wir den deutschen Musiker Jaye Muller via Interview-App. Muller sollte 1989 zum ersten internationalen Rockstar aus der DDR aufgebaut werden. Via dradiointerview erzählte uns Muller, wieso daraus nichts wurde. Hier ein Klangbeispiel seiner Smartphone Aufnahme.

 

Wie geht es weiter?

Im Frühjahr 2016 verlässt dradiointerview die Betatest-Phase und geht in den zunächst einjährigen Regelbetrieb. Alle MitarbeiterInnen von Deutschlandradio und ihre Interviewpartner können dann unbeschränkt von lizenzrechtlichen Einschränkung anderer Apps eigene praktische Erfahrungen mit der Interview-App sammeln. Voraussetzung ist lediglich ein Android-Smartphone sowie ein Google Mail Konto für den Download im Google Play Store. Eine Version der App für iOS von Apple ist denkbar, sie befindet sich aktuell aber noch nicht in der Entwicklung. Interessierte KollegInnen anderer Radiosender sind ebenfalls eingeladen, dradiointerview auszuprobieren. Anfragen an support@dradiointerview.de werden gerne beantwortet.

 

Schematischer Überblick: Interview Aufzeichnung mit der App dradiointerview

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