Allgemein, Zukunft der Medien
12.03.2015

Wie wir in den digitalen Krieg zogen – Bilanz eines Storytelling-Projekts

Von

Wie baut man aus einem existierenden Hörfunkbeitrag eine Storytelling-Variante? Mit Text, Fotos, Audio und Video, fließenden Übergängen? „1 oder 0, Leben oder Tod“ von Wissenschaft-im-Brennpunkt-Autor Thomas Reintjes hatte den Deutschen Preis für Innovationsjournalismus gewonnen. Jetzt also multimedial. Ein Pilotprojekt mit zähem Weg zu sehenswertem Ergebnis.

Für Eilige: http://www.deutschlandfunk.de/digitalerkrieg

Was haben die Beteiligten gelernt?

Markus Waldhauser, Redakteur Programmdirektion/Multimedia:
„Nicht jedes Hörfunkmanuskript ist für jede Darstellung im Internet geeignet. Wir mussten zum Beispiel feststellen, dass wir bei der Arbeit mit WordPress deutlich mehr Text benötigen, als wir ursprünglich dachten. Also mussten wir das Manuskript immer wieder hier und da anpassen, verlängern oder auch wieder kürzen. Mit dem vorhandenen Material ging das zum Glück.“

Richard Weiß, IT:
„Wenn du Storytelling mit einem CMS machen möchtest (z.B. Pageflow, WordPress mit Aesop, …), dann gibt das System vor, wie deine Geschichte aussieht und welche multimedialen Effekte nutzbar sind. Das Material muss den Möglichkeiten des Systems entsprechend vorbereitet werden. Möchtest du dein Template selber entwickeln, musst du zuerst Design, Layout und Multimediaeffekte entwickeln. Danach kannst du das Template und die Funktionen ins System, unter Berücksichtigung der technischen Möglichkeiten, die es bietet, implementieren.“

Christiane Knoll, Redakteurin „Wissenschaft im Brennpunkt“:
„Natürlich kann man auch mit Bildern eindrucksvoll erzählen, aber unsere Geschichte war bereits recherchiert – für eine eigene Bildsprache war es zu spät. Es gab viel Sand im Getriebe und das in dieser Kombination nicht getestete und in Teilen nicht funktionierende WordPress machte uns das Leben reichlich schwer. Wichtig für künftige Projekte: Zuständigkeiten und Rahmenbedingungen sollten klarer geregelt werden und technische Tests abgeschlossen sein, bevor die inhaltliche Arbeit beginnt. Es bräuchte meines Erachtens auch einen Coach, der Erfahrung aufbaut und weitergibt. Außerdem müsste Knowhow für Webdesign, Videoschnitt und Fotoredaktion zur Verfügung stehen. Bei all dem stellt sich die Frage: Wer finanziert die Recherche, wer setzt sie technisch um?“

Thomas Reintjes, Autor:
„Schnell wurde klar: Wir brauchen nicht nur Töne und Texte, sondern vor allem Bilder. Fotografieren zählt zu meinen Hobbys. Trotzdem stellte mich vor allem die visuelle Ebene vor Herausforderungen: Fotos von Robotern, die ich auf einer Militärmesse aufnahm, sahen in der Geschichte deplatziert aus, wenn es um echte Militäreinsätze ging. Selbstgedrehte Smartphone-Videos unterstrichen im Bild nicht immer die Aussage, die der Text machen sollte. Ein Skype-Interview mit Video am eigenen Laptop aufzunehmen, ist eine deutlich größere Herausforderung als nur den Ton mitzuschneiden.“

Boris Bittner, Redakteur Programmdirektion/Multimedia:
„Letztlich war uns nicht klar, dass die Kombination aus Aesop-Plug-in und WordPress in dieser Konfiguration nicht funktionierte – in Teilen blieb das bis zum Abschluss so. So konnten wir ursprüngliche gestalterische Wünsche nicht umsetzen. Die Neu-Konzeption des ursprünglichen Hörfunkbeitrages musste umgeworfen werden – mehrfach. Die geografische Distanz zwischen Redakteurin, Autor in den USA und dem Rest des Teams im Haus führte auch zu Kommunikationslöchern. Eine klarere Testphase für die Software vor der inhaltlichen Umsetzung und eine verbesserte Intra-Team-Kommunikation sind für mich wichtige Schlussfolgerungen.“