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17.05.2016

Lab-App „dradiointerview“ jetzt öffentlich verfügbar

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Mehr als ein Jahr haben wir entwickelt, getestet, verändert und optimiert. Jetzt ist es soweit: Die mit Unterstützung von Deutschlandradio Lab entwickelte Interview-App dradiointerview steht für die Öffentlichkeit im Google Play Store zum Download zur Verfügung. Ab sofort kann die App im Regelbetrieb weltweit eingesetzt werden – und zwar nicht nur von Mitarbeiter*innen von Deutschlandradio. Auch Radioprofis von anderen Sendern, die die App kostenlos testen möchten, sind dazu eingeladen. 

Konkrete Anfragen richten Sie bitte an support@dradiointerview.de. Für die vollständige Nutzung der App ist ein PIN-Code erforderlich, den Sie bei uns erhalten.

Unsere App liefert die Chance, die gewohnte Arbeitsweise mit Telefoninterviews zunächst im Deutschlandradio, aber auch weltweit in allen Radiosendern von Grund auf zu verändern. Wir meinen: Dank dieses Ansatzes sind die Tage vieler Radio-Interviews mit blechernem Telefon-Sound gezählt.

dradiointerview hat bereits in der Beta-Testphase bewiesen, dass es die allermeisten Telefoninterviews, die nicht live gesendet werden müssen, durch eine sehr viel besser klingende Version ersetzen kann: Schnell, einfach und ohne Konfiguration für alle nutzbar.
dradiointerview v1-1 smallDie Grundidee der App ist ganz simpel: Ein Gesprächspartner lädt dradiointerview aus dem Google Play Store und installiert die App auf seinem Android Smartphone. Während des anschließenden Telefoninterviews mit einem Journalisten nimmt die App den Gesprächspartner dann direkt am Mikrofon seines Smartphones in hochwertiger Tonqualität auf. Wohlgemerkt: Aufnahme und Telefonat passieren gleichzeitig auf demselben Handy.

Kurz nach dem Gespräch ist die Stimmaufnahme des Interviewten als Webdownload weltweit verfügbar.

Leitungsaussetzer wegen schlechter Internet-Verbindungen oder verrauschte Aufnahmen am Ende einer langen Übertragungskette gehören damit der Vergangenheit an.

Das Ergebnis kann sich  hören lassen: Der folgende Ausschnitt stammt aus einem Telefonat zwischen dem WDR und einem Korrespondenten, der dradiointerview getestet hat. Während die Anmoderation aus einem Studio des WDR in Köln kommt, wurde die Antwort des Korrespondenten mit dradiointerview auf einem preiswerten Android Handy aufgezeichnet.

 

 

webdownload dradiointerview 2Während wir vom Start an großen Wert auf die Stabilität der App legten, waren während der Entwicklung dennoch einige Hürden zu überwinden. Nicht immer funktionierte anfangs das Versenden der Audioaufnahme aus allen Teilen der Welt so reibungslos, wie wir uns das wünschten. Manchmal machten uns die unterschiedlichen Versionen des Android Betriebssystems einen Strich durch die Rechnung, wenn es darum ging, den richtigen Audiokanal aufzunehmen.

Kein Wunder, bei weltweit mehr als 10.000 verfügbaren Kombinationen aus Smartphone Hardware und unterschiedlichen Versionen des Android Betriebsystems.

 

Die meisten Fallstricke konnten beseitigt werden. dradiointerview hat sich mittlerweile in so vielen Praxiseinsätzen weltweit bewährt, dass wir die App nun in den Regelbetrieb schicken.

Während unserer Testphase hat sich gezeigt, dass dradiointerview nicht nur ein tolles Werkzeug ist, um mit technisch nicht versierten Radio Laien Interviews in nahezu Studioqualität aufzunehmen.

Als ausgesprochen praktisch hat sich die App auch für die Arbeit von Korrespondent*innen erwiesen, die in allen Teilen der Welt unterwegs sind und dabei auch unter widrigen technischen Bedingungen arbeiten müssen. Dieses Whatsapp Feedback einer Korrespondentin, die mit dradiointerview gearbeitet hat, ist durchaus typisch für deren Erfahrungen.

dradiointerview Journalisten Feedbackdradiointerview kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten, den qualitativ überholten Telefon-Sound aus dem Radio in vielen Fällen zu verbannen.

Gleichzeitig ist die App auch für freie Radiojournalist*innen ein wichtiges Tool: Mit dieser App können sie für Beiträge und Features unkompliziert O-Töne von Gesprächspartnern aus der ganzen Welt nahezu in Studioqualität aufnehmen.

Allerdings ist die App keine eierlegende Wollmilchsau: Technische Unwägbarkeiten in der Android Welt sorgen weiterhin dafür, dass etwa jede zehnte App-Aufnahme wegen des verwendeten Android Smartphones nicht die gewünschte Tonqualität liefert.

Ein Vorabtest ist vor jedem konkreten Einsatz also immer ratsam.

Auch kann die App „kein Gold aus Stroh“ spinnen: ein Billighandy für 70 € liefert in der Regel einen weniger guten Klang als ein Smartphone, das das Zehnfache kostet.

Allerdings klingen Aufnahmen mit dradiointerview in der Regel besser, als dies mit Android Bordmitteln gelingt. Denn die App, die in Zusammenarbeiten mit den Akustik-Spezialisten der Firma Pfitzinger Voice Design und ihrer Field Recorder Technologie entwickelt wurde, sorgt mit Hilfe raffinierter psychoakustischen Algorithmen schon während der Aufnahme dafür, den bestmöglichen Sound aus der verfügbaren Smartphone Hardware herauszuholen, wie dieses Klangbeispiel zeigt.

 

Zwar heißt die App „dradiointerview“, wir sind jedoch zuversichtlich, dass wir mit dieser Software eine universelle Lösung für ein Problem liefern, mit dem sich in Zukunft keine Radiostation mehr herumplagen sollte. Durchaus möglich, dass zukünftige Varianten von dradiointerview etwa „wdrinterview“, „ndrinterview“ oder „bbcinterview“ heißen…

Übrigens: Eine iOS Version wäre technisch möglich, die Entscheidung, ob wir auch eine Interview App für Apple-Geräte entwickeln, steht allerdings noch aus.

Wir freuen uns über Ihr Interesse und Ihr Feedback!

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Kommentare zu diesem Beitrag (8)

  1. Jens-Uwe Schöllmann | 18. Mai 2016, 21:34 Uhr

    iOS-App

    Eine iOS-App wäre genial und sollte einfacher zu realisieren sein, da es dort nicht so viele unterschiedliche OS-/Hardwarekombinationsmöglichkeitek gibt.

    • Tarik Ahmia | 19. Mai 2016, 19:53 Uhr

      Die Einheitlichkeit bei iOS was die verbaute Hardware und das Betriebssystem betrifft, ist gegenüber der Android Welt in der Tat ein sehr großer Vorteil. Allerdings bietet auch iOS noch genügend Fallstricke, weil es das Betriebssystem wohl nicht so einfach zulässt, während eines Telefonates den Mikrofonkanal mit einer separaten App mitzuschneiden. Wir werden die Problematik ausloten.

  2. Christina | 18. Mai 2016, 22:51 Uhr

    Vergleichbar mit der Mupro-App der ARD?

    Wo ist der Unterschied zur Mupro-App?

    • Tarik Ahmia | 19. Mai 2016, 20:08 Uhr

      Die Unterschiede zur MuPro App sind teils erheblich. Zum einen die Zielgruppe: dradiointerview ist vor allem für „ganz normale“ Interviewpartner gedacht. MuPro ist ein Werkzeug für professionelle Radiojournalist*innen, dessen Konfiguration einen gewissen Aufwand erfordert. Für Radio Laien kommt die muPro Abb daher nicht in Frage. Der zweite große Unterschied ist das Aufnahmeverfahren: muPros größte Stärke ist der Live Broadcast via „Voice over Internet Protocol“ (VOIP). Dieser Einsatzbereich wird von muPro hinreichend abgedeckt. Dabei wird der Gesprächspartner am Ende der VOIP Übertragungskette im Funkhaus aufgezeichnet. Die Praxis zeigt jedoch, dass das nicht immer optimal ist, denn nicht selten kommt es gerade bei überlasteten Netzen, was bei großen Veranstaltungen eher die Regel als die Ausnahme ist, zu Tonaussetzern. Die Schuld dafür trifft aber nicht die muPro App, sondern die Internet Provider, die keine Servicequalität, also Mindestbandbreite, garantieren. dradiointerviews Priorität liegt deshalb darin, die Stimme von Gesprächspartnern AM ANFANG der Übertragungskette, direkt am Mikrofon des Smartphones auf dem Gerät aufzunehmen. Die Live Übertragung des Audios haben wir aufgrund der beschriebenen muPro Erfahrungen bewusst ausgeschlossen. Unser Ziel ist es, die Stimme des Gesprächspartners in der besten Qualität aufzunehmen, zu der ein Smartphone in der Lage ist und diese Aufnahme kurz danach via Webbrowser weltweit zum Download verfügbar zu machen.

  3. Wolfgang Noelke | 20. Mai 2016, 12:24 Uhr

    Innen- und Aussenaufnahmen

    Habt ihr Erfahrung mit der Vermeidung von Pop- Geräuschen bei Nahbesprechung oder allgemeinen Windgeräuschen?
    In der Zeit vor dieser App sendeten mir InterviewpartnerInnen, sofern sie die Installation beherrschten ihre selbst aufgenommenen mp3 Files per Mail. Die besten Ergebnisse erzielten wir in Innenräumen, wenn das smartphone ca. 20 cm vor ihnen auf dem Tisch lag. Kommuniziert haben wir damals stets über ein zweites Telefon und die parallel aufgenommenen Fragen und Antworten erst im Studio montiert.
    Welche Tipps gebe ich, einen popfreien Minimalabstand einzuhalten und gleichzeitig die Fragen noch zu hören? Die Headset- Mikros entsprechen meiner Meinung nach nicht dem guten Frequenzgang der eingebauten Mikrofone. Oder ist bei der App Nahbesprechung kein Problem mehr? Das Beispiel klang ja sehr gut, aber was geschieht im Extremfall? Wie reagiert die App bei Aussenaufnahmen mit hohem Atmopegel zB. Verkehr, Konzert, Menschenmenge oder Wind? Ein paar akustische Beispiele im Grenzbereich wären schön.

    • Tarik Ahmia | 20. Mai 2016, 13:32 Uhr

      Für gute Aufnahmen sollte die App grundsätzlich unter möglichst ruhigen Rahmenbedingungen eingesetzt werden. Wetter- und Windeinwirkungen wären hier natürlich auch hörbar. Allerdings möglicherweise weniger als mit einem externenen Mikro, denn die Aufnahmecharakteristik für die Sprachaufnahme mit dradiointerview ist darauf optimiert, dass der Gesprächspartner in „normaler Telefonhaltung“, also mit ca 20-30 cm in das eingebaute Handy-Mikrofon spricht. Welche Aufnahmen dieses Setting zum Beispiel bei starkem Wind liefert, hängt sicher vom konkreten Einzelfall und dem verwendeten Smartphone ab. Wir greifen die Anregung jedoch gerne auf und werden das testen. Mit Pop-Geräuschen hatten wir bisher keine Probleme, da in normaler Telefonhaltung das Mikro ja in der Regel nicht direkt besprochen wird, sondern leicht daran vorbei.
      Vom Freisprech-Modus raten wir übrigens grundsätzlich ab, weil es hier zu unvorhersehbaren Änderungen kommen kann, wie Android die unterschiedlichen Audiokanäle zuordnet, was letztlich dazu führen kann, dass dradiointerview „den falschen Kanal“ aufnimmt.

  4. Wolfgang Noelke | 21. Mai 2016, 13:26 Uhr

    Danke. Ich freue mich auf Beispiele im Grenzbereich. Vielleicht reicht es ja schon, bei Wind ein Tuch um das Phone zu wickeln oder sich bei Gelegenheit einen „Puschel“ selbst zu nähen.

  5. Charly | 22. Mai 2016, 13:24 Uhr

    iOS wäre super

    Ich wünschte mir eine iOS APPlikation! Ich habe sogar das Gefühl, die entwicklung könnte als Crowdfunding Kampagne erfolgreich finanziert werden und es gibt genügend Leute die 10€ einschiessen um eine solche App zu kriegen. Weitere Belohnung können MoJo-Kurse, Besuche im Studio oder weitere Dinge sein. Ich wäre dabei!