Allgemein
06.06.2014

Mobil bleiben – Smartphones, Tablets und die Folgen

Von

Das mobile Internet hat vollkommen verändert, wie wir uns im Netz bewegen und wie wir das Netz bewegen. Wir sind nicht mehr an Schreibtisch und Desktop-Rechner gefesselt, sondern tragen das Netz mit uns: in die U-Bahn, aufs Sofa, aufs Klo. Lean-Forward-Media wird zur Lean-Back-Media. Neue Geräte, die anders bedient werden – Medienhäuser müssen etwas tun.

So genanntes Responsive Design erlaubt es, die Webseite automatisch an verschiedene Geräte und Bildschirmgrößen anzupassen. Hilfreich ist es, wenn das Content Management System eine Vorschau für mobile Geräte anbietet. So arbeitet zum Beispiel das erfolgreiche Webportal Buzzfeed.

Warum Text wichtig ist

Auch wenn immer von Multimedia geschrieben wird – Texte bleiben wichtig  – auch bei Medienhäusern mit Audio- oder Videoschwerpunkt. Der Grund: Wir geben Text in die Suchmaschinen ein. Ohne Text sind Inhalte nicht existent. Lange Zeit gingen Medienplaner davon aus, dass User lange Texte auf einem Smartphone eher scannen als vollständig lesen. Die Verfechter der Lean-Back-Theorie haben erkannt: Bei Tablets ist das anders. Sie sind Sofa-Rechner, sie laden dazu ein, sich in bequemer Haltung in einen Text zu vertiefen. Spezielle Angebote wie Pitchfork Weekly  oder The Atavist, zeigen – einige Medienhäuser stellen sich darauf ein.

Aber selbst bei Telefonen kommen Zweifel an der Mähr vom ADS-Smartphone-Junkie, der sich nicht länger als zehn Sekunden auf einen Text konzentrieren kann, auf. So veröffentlichte Buzzfeed Anfang Januar eine 6000-Wörter-Geschichte mit dem Titel: „Why I Bought a House in Detroit for $500„. Das Ergebnis: Mehr als eine Million Pageviews – davon 47 Prozent über mobile Geräte.

Es sieht eher so aus, also ob sich viele User auf längere Formen einlassen. So haben sich auf Twitter Hashtags wie #longreads oder #longform etabliert. Sie zeigen dem User – lieber ein bisschen mehr Zeit einplanen, wenn du auf diesen Link klickst. Das Interessante: Dieses Phänomen gilt auch für Nutzer von Videos, wie eine Befragung im Jahr 2013 ergeben hat. Der Second Screen schickt den First Screen langsam in Rente . Die Botschaft für Medienhäuser ist klar: Mobile First, manche Experten sprechen auch schon von Touch First. Denn nicht die Größe des Bildschirms ist entscheidend, sondern wie auf dem Bildschirm navigiert wird.

Texten fürs Netz

Texte an sich sind nicht das Problem.  Beim Schreiben für mobile Nutzung gilt: kurze Sätze sind gefragt. Zwischenüberschriften schaffen Struktur. Bewährt haben sich auch Bullet Points, um einen Text schneller zu erfassen. Die New York Times nutzt Bullet Points bei ihrer neuen App NYT Now sogar für Teaser.

Im Netz finden sich unzählige Tipps, wie am besten fürs mobile Netz getextet werden sollte. Fast immer wird dabei das Toploader-Modell empfohlen: Langwierige Einleitungen streichen, das Wichtigste an den Anfang. Weitere Tipps: Auf extravagante Schriften verzichten, damit Texte  auf allen mobilen Geräten und unter jedem Betriebssystem zu lesen sind. Außerdem für die mobile Nutzung eine größere Schrift auswählen – oder per Responsive Design so programmieren, dass automatisch eine größere Schrift angezeigt wird. Ein weiterer wichtiger Punkt: Die Vorteile des Smartphones ausspielen, also Shortcuts im Text einbauen; etwa die Anruffunktion, den Kartendienst oder das E-Mail-Programm verknüpfen.

Die Zukunft des Audios

Lange Zeit beschränkten sich die Überlegungen von Radiosendern auf das Podcastgeschäft – ein Kind des iPod-Zeitalters: User konnten sich auf einmal lange Radiosendungen auf ihren MP3-Player laden und auf dem Weg zur Arbeit hören. Zu Beginn des Jahrtausends wurde mit dem Aufkommen der Podcasts die Revolution ausgerufen. Heute herrscht Ernüchterung: Audioophile haben ihre Lieblingspodcasts abonniert – die meisten anderen wissen überhaupt nicht, was das ist.

Das mobile Netz hat das verändert. Jeder zweite Pendler hat Kopfhörer in den Ohren, die mit seinem Smartphone verbunden sind, wie Jim Schachter, Vize-News-Chef beim Sender WNYC in New York, in einem Beitrag für das Nieman Lab beobachtet hat.

Die Konkurrenz auf diesen Kopfhörern ist allerdings groß: Sie reicht von Robin Thicke bis zur letzten Folge von Game of Thrones. Wie sich Radioinhalte hier behaupten sollen, ist unklar. Aber es gibt einige Ansätze. In jedem Fall ist es keine gute Idee, wenn Radiomacher ihre Inhalte eins zu eins auf ihren mobilen Seiten oder in ihren Apps anbieten.

Dafür spricht  vor allem die Art und Weise, wie Inhalte und User im Jahr 2014 zueinanderfinden. Schon seit einiger Zeit ist der Schlachtruf „Die Homepage ist tot“ zu hören. Was hinter diesem Abgesang steckt? User kommen heute vor allem über Social Media oder Mail auf Webseiten und seltener über Homepages.

Für Radiohäuser ist das keine gute Nachricht. Den Grund dafür hat Stan Alcorn in einem großen Artikel auf digg.com auf den Punkt gebracht: Audios werden selten zu viralen Hits – haben also in den sozialen Netzwerken in der Regel wenig Chancen gegen Katzenvideos oder Buzzfeed-Listen. Wer eine spannende Stelle in einem Audio findet, kann nicht genau diese Stelle teilen, sondern muss das gesamte Audio sharen.  Außerdem werden Audios häufig gehört, während der User etwas anderes macht – er sitzt im Auto, er macht den Abwasch. Das Problem: Er ist beschäftigt, ist nicht in der Lage, das Gehörte in den sozialen Netzwerken zu teilen. Ein weiteres Problem: Die visuelle Komponente fehlt: Bei Texten kann ein Nutzer die Überschrift und den Teaser scannen, bei Videos gibt es wenigstens Standbilder. Bei Audios meist nur einen Play-Button.

Große Hoffnungen setzen Radiomacher in Soundcloud. Files können hochgeladen werden und lassen sich dann auf externen Seiten und vor allem in den sozialen Medien einbinden. Mehr zu Soundcloud hat Sina Fröhndrich schon in einem anderen Post zusammengefasst.

Wie Audios zum viralen Hit werden

Ist Soundcloud die Lösung aller Probleme? Es stimmt zwar, dass der Dienst ziemlich beliebt ist und häufig in sozialen Netzwerken eingebunden wird – allerdings vor allem für Musik. Wortbeiträge werden nur sehr selten zum Hit. Das kann nicht so bleiben, haben sich die Macher des öffentlich-rechtlichen Senders NPR aus den USA gedacht und einen Schlachtplan ausgearbeitet.

Der erste Schritt: Ein Audio finden, das wirklich hörenswert ist – das also eher gehört als gesehen oder gelesen werden sollte. Hier hilft Ehrlichkeit: Eine einstündige Sendung oder Feature ist selten von der ersten bis zur sechzigsten Minute atemberaubend – der ein- bis zweiminütige Ausschnitt aus einem Interview oder einer Reportage schon. Mit diesem Highlight wird dann ein Digitalpaket geschnürt. Die Bestandteile: Eine gute Headline, die wirklich Lust aufs Hören macht, ein starkes Bild, das auf Social Media gegen Partybilder oder Aufnahmen des Nachwuchses eine Chance hat – und natürlich ein Link zum vollständigen Audio, wenn der User Blut geleckt haben sollte.