News, Social Media, Zukunft der Medien
10.05.2014

Eine öffentlich-rechtliche Antwort auf #23thesen zur Zukunft der Medien

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Deutsche Medien müssen mutiger werden, wenn sie im Netz mithalten wollen. Man dürfe sich nicht von anderen in die Tasche stecken lassen – sondern müsse selbst tief in die Tasche greifen und neue Ideen herausholen. Die drei Journalisten Jessica Binsch (dpa), Ole Reißmann (SPON) und Hakan Tanriverdi (Süddeutsche.de) haben auf der media convention in Berlin am Rande der re:publica 23 Thesen zur Zukunft der Medien formuliert – ich setze mich mit ans Lagerfeuer. Hier ist meine Antwort aus öffentlich-rechtlicher Sicht.

Hier unsere Antworten auf einige der 23 Thesen:

These 2 – Wir werden in die Tasche gesteckt
Unsere Branche ist zu langsam, App-Innovationen kommen nicht von uns. Wenn das für die privaten Medien gilt, dann gilt das doppelt für uns öffentlich-rechtliche. Es fehlen: Experimentierfreude auf breiter Ebene, die intelligente Verzahnung von Technik und Programm. Stattdessen verheddern wir uns zu oft in bürokratischen Strukturen und Sitzungen.

These 4 – Journalismus ist heute zur Hälfte Technik
Wir brauchen gute Content Management Systeme. Aber: Wir müssen deswegen nicht alle Techniker werden. Journalismus ist heute nicht zur Hälfte Technik, sondern Journalismus funktioniert heute fast kaum noch ohne internetbasierte Technik. Wir brauchen mehr Techniker an unserer Seite.

These 5 – Weg mit den Ressorts
Weitere Wirtschaftssanktionen, Entwicklung auf der Krim, Entwicklung in der Ukraine: Ja, es stimmt! Die Berichterstattung rund um die Ukrainekrise hat viele Facetten. Aber deswegen künftig ohne Ressorts berichten? Willkürlich und ohne übergeordnete Zuordnung? Nein! Ressorts erfüllen eine Funktion, sie strukturieren und geben Orientierung. Sie sind mehr als nur Ausdruck einer internen Redaktionsstruktur. Es gibt Nutzer, die sich nur für Innenpolitik oder etwa Sport interessieren – wie werden deren Interessen befriedigt? Die Einteilung in Ressorts auch im Netz hilft, sich durch eine Seite zu navigieren. Für ressortlosen Wildwuchs bleibt ja noch immer die Startseite. Für uns stellt sich eher die Frage: weg mit der on-Air-bezogenen Onlineaufbereitung?

These 6 – Sendung mit der Maus für Erwachsene
Auch das gehört zur Orientierung dazu: Wir müssen mehr erklären! Und das mit allen Mitteln der Technik. YouTube-Kanäle wie explainity und bald auch achdarumgehts laufen gut. Wenn wir im Programm auf Erklärwerke und Erklärstücke setzen, warum dann nicht auch im Netz?

These 11 – Vergesst die Nische
Auf in den Mainstream! Das kann für uns nicht gelten. Der Deutschlandfunk ist ein Einschaltprogramme, kein klassisches Begleitmedium. Das sollte auch im Netz gelten.

These 13 – Wir lassen uns nicht genug auf Facebook ein
Wir dürfen das Feld nicht anderen überlassen. Facebook, Twitter und Co. dürfen nicht länger stiefmütterlich von einem Online-CvD behandelt werden. Es braucht personelle Kapazitäten für reine social-media-Dienste. Nur so können wir soziale Medien optimal nutzen: für die Verbreitung und das Marketing unserer Inhalte, die Gewinnung neuer Leser und Hörer und die Kommunikation mit unseren Nutzern. Dass wir als öffentlich-rechtliches Programm besonders sensibel mit Datenschutzeinstellungen etc. umgehen müssen, versteht sich von selbst.

These 16 – Video nervt, ist aber endgeil und These 18 – Snowfallen ist kein Verb
Durch das Netz haben wir als Radiomacher die Möglichkeit, Inhalte neuaufzubereiten – sendebegleitend im Netz. Aufwendig geplante und produzierte Sendereihen gehören nicht mehr nur ins Radio, sondern auch auf unsere Internetseiten. Wir sollten unsere Zurückhaltung aufgeben. Tools für multimediales Erzählen gibt es schließlich genug.

These 20 – Das Vertrauen in uns wird noch zunehmen
Was on Air gilt, muss auch online gelten. Das Zwei-Quellen-Prinzip, Fakten müssen stimmen. Auch wenn Schnellschüsse anderer Nutzer erfolgreich sein mögen: Unsere Stärke sollte auch weiter darin liegen, Informationen genau zu prüfen und Aussagen zu hinterfragen – und so auch im Netz eine vertrauensvolle Marke zu bleiben.

Eine Ergänzung: These 24 – Das Internet ist kein Teufelszeug
On Air gegen Online. Das darf nicht mehr länger gelten. Das Internet ist kein Schnupfen, sagt Tim Cole. Es geht nicht mehr weg. Und er hat Recht. Das Internet ist eine Chance für unsere Radioprogramme – es ist kein Rückschritt. Auf dem Weg ins digitale Zeitalter müssen alle mitgenommen werden.

Auf ans Lagerfeuer und weiterdiskutieren!