Konferenzen
Im modernen Convention Centre Dublin fanden im März die Radiodays Europe statt.
04.05.2014

Radiodays Europe 2014 Dublin

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Ein Dauerthema für Deutschlandradio: Auf welchen Wegen verbreiten wir unsere Programme? Wann, in welchen Alltags-Situationen und mit welchen Geräten hören die Menschen Radio? Antworten auf diese Fragen habe ich im März bei den Radiodays Europe gesucht.

Öffentlich-rechtliche Programme haben traditionell kein Problem mit Inhalt, sondern damit, wie bei begrenzten finanziellen Mitteln dieser Inhalt am besten seine Zielgruppe(n) erreicht. Die BBC hat laut ihrer Hörfunk-Chefin Boaden Erfolg mit einem Youtube-Channel für ihr Radioprogramm für die junge Zielgruppe (BBC Radio 1). Der schwedische Hörfunk nutzt als 3. Säule neben terrestrischer und digitaler Ausstrahlung via Web erfolgreich die sozialen Medien zur Verbreitung.

Ein Drittel der Briten hört über Digitalradio

Beide Länder haben übrigens schon in den 90ern Digitalradio eingeführt. Ein Drittel der Briten hört über Digitalradio ihre Programme – schön und schrecklich zugleich. Schön, weil das eine Marktdurchdringung ist, die im übrigen Europa oft bewundernd zitiert wird, schrecklich, weil der modernere Standard DAB+ über Jahre nicht eingeführt werden wird, will man die RadiohörerInnen nicht endgültig verärgern, weil sie schon wieder neue Geräte kaufen sollen und die alten nicht mehr nutzen können.

Ein paar Stichworte aus dem Vortrag von Boaden (hier das Audio ihres Vortrags, hier das Video. Zusammenfassung mit eingebundenen Tweets): Sharing – montags wollen die Leute andere Inhalte hören und sehen als freitags. Podcasts bietet die BBC seit 2005 an, sie werden nach wie vor sehr gut genutzt. 20 Prozent des täglichen Radiokonsums passiert im Auto. 90 Prozent der Autos haben kein Digitalradio. Die HörerInnen wollen überrascht werden von Radioprogrammen. Radio is essentially a relationship, emotional power of radio (Unterscheidbarkeit, Ansprache).

iplayer und eigene Playlists bei der BBC

Die BBC versucht übrigens mit playlister, einige Features der Musik-Streaming-Anbieter für sich nutzbar zu machen. Nach Anmeldung beim iPlayer Radio lassen sich eigene playlists anlegen, Favoriten vergeben, playlists exportieren, und eine Vorschlagsfunktion macht die NutzerInnen mit Titeln bekannt, die ihnen auch gefallen könnten. Außerdem kann man seinen Lieblings-Moderatoren folgen und sehen, was denen so gefällt. Überzeugend.

Radio und Apps

Welche Radio-Apps sind toll und warum? Hybrid-Apps verbinden UKW-Empfang per Smartphone mit Datendiensten, die via Web synchron empfangen werden können (das funktioniert so). Vorteil: Das Daten- und Akku-intensive streaming entfällt, die Handhabung gleicht der einer App. Datendienste lassen sich abschalten. Nachteil: Es gibt nur wenig Smartphones mit UKW-Tuner, Smartphones mit DAB+ gibt es gar nicht (stationäre Hybrid-Radios gibts ein paar). Mehr hier und hierPersonalisierbare Apps mit Radio-Stream: Einbindung von Facebook und Twitter, direkter Rückkanal zum Sender (z.B. bei Abstimmung über nächsten Musiktitel), Beteiligung von HörerInnen über Aufnahmefunktion  Auch Wetter und Verkehrshinweise sind angebotene Features.

Radio und Bild

Big FM bietet eine Smart TV App an, die den Radiostream, Visuals, Webcams und Social Media integriert. 2015 wollen sie eine App für Google Glass rausbringen. RTL 102,5 aus Italien bietet mit Radiovisione eine Art gefilmtes Radio, bei dem sich HörerInnen via Videoanruf in Sendungen einwählen können. Credo: Die NutzerInnen sollen entscheiden, wie sie das Programm wahrnehmen (hören, sehen). Auch hier spielt die Einbindung der HörerInnen via Sozialen Medien eine große Rolle – ihre Nachrichten können auf die entsprechenden Plattformen hochgeladen und von dort weiter geteilt werden.

Radio im Auto

Verpassen die Radiosender den Anschluss an die Entwicklung der Mediencenter in Autos? Zwei Medienberater aus den USA und Großbritannien meinen ja. Wenn Radiosender überhaupt noch vorkommen wollten in Autos, müssten sie sich mehr darum kümmern, wie die Einbindung aussehen solle. Derzeit sind in den „connected cars“ alle möglichen Dienste vertreten, aber weder sind die zentralen Medieneinheiten leicht bedienbar, noch sind Radiosender dort leicht auffindbar. Angesichts des hohen Radiokonsums im Auto dürfe das nicht so bleiben. Also, schließen die beiden Berater, müssten sich die Radiosender mehr darum kümmern, wie sie in diesen Geräten „vertreten“ sein wollten.

Podcasts

Immer noch ein Thema für Anbieter von gutem Inhalt, wie BBC und NPR zeigen. WNYC hat mehr Podcast-NutzerInnen als HörerInnen. Podcasts wie Radiolab oder Freakonomics sind weit über die Grenzen New Yorks hinaus bekannt und haben eine durchschnittliche Hördauer von einer Stunde, 42 Minuten. Der Sender tut sich immer wieder in der Szene der Podcaster um und holt Leute ran, die als Macher von privaten Podcasts Erfolg hatten. Auch Podcasts müssten Hörer-bezogen gedacht werden und brauchten keine Sendung im Programm, um erfolgreich sein zu können.

Hier gibt es übrigens Video-Interviews mit Akteuren bei den Radiodays Europe 2014..